Mitternachtssonne und andere Sonnen

Natürlich haben wir in unserem Sonnensystem nur eine Sonne. Aber die Mitternachtssonne erhielt einen eigenen Namen. Das betrifft aber nur den Zeitpunkt, nicht aber die Sonne selber. Aber wann ist denn dieser Zeitpunkt der Mitternachtssonne? Einer könnte sagen, dass es wohl Mitternacht ist, also 24 Uhr. Das stimmt aber nicht. Die Mitternachtssonne bezeichnet die Sonne zum Zeitpunkt des tiefsten Sonnenstandes und sie ist immer noch über dem Horizont. Da meint ein anderer, dass es mit Sommerzeit wohl 1 Uhr sein müsste. Doch das stimmt auch nicht wirklich. Für die Mitteleuropäische Zeitzone entspricht die Ortszeit der mittleren Sonnenzeit nur auf 15° Ost. Und auch dort entspricht die mittlere Sonnenzeit nur an vier Tagen im Jahr der wahren Sonnenzeit. Die Zeitgleichung beschreibt den Unterschied. Die wahre Sonne weicht von der mittleren Sonne um bis zu + 16.5 Min und – 14 Min ab. D.h. der Zeitpunkt des tiefsten Sonnenstandes ändert immer ein bisschen.

Es war interessant mitzuverfolgen, wie die Sonne immer später unterging, je nördlicher ich kam. Mit den kürzeren Nächten gab es auch keine wirkliche Dunkelheit mehr. Es blieb bei der Dämmerung, sodass ich meine Lampe nicht mehr brauchte. Bei den Sonnenuntergängen kam die Sonne auch immer flacher auf den Horizont. Als ich an diesem schönen See in Schweden auf 57° Nord war, kam die Sonne noch mehr oder weniger normal auf den Horizont zu. An einem anderen See im weiter nördlichen Schweden auf 64° N wollte ich wieder den Sonnenuntergang erleben und fotografieren. Nach dem Nachtessen sah ich den Sonnenstand und dachte, dass ich mich bald beeilen muss. Deshalb verschob ich den Abwasch auf später und machte mich auf den Weg ans Ufer. Doch dort musste ich erst einmal warten. Die Sonne näherte sich dem Horizont kaum. Sie bewegte sich mehr dem Horizont entlang. Also mehr waagrecht als senkrecht. Dort erlebte ich meinen längsten Sonnenuntergang.

Weiter nördlich auf 67.7° Nord erlebte ich eine sehr tief stehende Sonne. Diese verharrte lange auf dieser Position. Ich war im Wald und es war speziell, dass die Baumkronen noch in der Sonne waren und am Boden hatte es keine Sonne. Dieser Zustand ist in Schweizer Breitengraden nur während Sekunden oder Minuten. Im nördlichen Schweden sind es Stunden.

Die Sonne schien zwischen den Bäumen. Es war noch nicht die Mitternachtsonne, aber weil ich im Wald war und keine Sicht auf den Horizont hatte, ging ich eine Stunde vor der Mitternachtssonne schlafen, damit ich am folgenden Tag wieder fit bin. Ich dachte und hoffte, dass ich dann am Nordkap eine gute Sicht auf die Mitternachtssonne haben würde.

Aber dem war je leider nicht so (wie ich im Norwegen/Nordkap-Blogbeitrag geschrieben habe). Als ich in Norwegen nahe der Grenze zu Finnland war, hatte ich wieder einmal gutes Wetter mit Sonnenschein. Gegen Abend schaute ich mich um, ob ich wohl ein etwas höher gelegenes Plätzchen für mein Zelt fand. Das fand ich dann auch und ich machte mir schon Hoffnungen auf die Mitternachtssonne. Doch Wolken zogen auf und es war nichts mit der Mitternachtssonne und ich war vergebens in der Nacht aufgestanden.

Am nächsten Tag fuhr ich wieder weiter südlich und ich wusste, dass ich nur noch etwa 3 Nächte nördlich des Polarkreises sein würde. Ich übernachtete mitten im Wald. Am Tag darauf gab es am Nachmittag wieder besseres Wetter. Somit suchte ich am Abend ein Platz mit guter Sicht nach Norden. Dazu schätzte ich ab, wie hoch die Mitternachtssonne auf 68° Nord steht. Nach ein paar Anläufen liess ich mich nieder und stellte mein Zelt auf. Mein Plan war es, jede Stunde ein Foto vom selben Ort aus von der Sonne zu machen. Ich wurde von einem Deutschen Päärchen auf ein paar Bierchen eingeladen. Es war sehr kurzweilig. Die Stunden vergingen sehr schnell. Ich war jeweils erstaunt, dass schon wieder eine Stunde vorgangen war. Wollte ich doch jede Stunde ein Foto machen. Wenn man wach bleibt, muss man auch keinen Wecker stellen. Ich musste die Fotos immer wieder selber machen, weil ich weder ein Stativ noch einen Timerfernauslöser hatte. Es war sehr gemütlich, wir waren noch um Mitternacht mit der Sonnenbrille draussen mit einem Bier. Endlich mal wieder ein Bier mit Gesellschaft. Und dann um 1:15 Uhr Osteuropäische Sommerzeit sah ich endlich die Mitternachtssonne. Natürlich sah sie nicht anders aus als ein paar Stunden zuvor. Trotzdem fand ich es speziell und bewegend. Stieg sie doch nachher wieder auf. Für das Foto wäre es natürlich gut gewesen, wenn ich auch nachher noch jede Stunde ein Foto gemacht hätte, aber das liess ich dann sein, damit ich einen erholsameren Schlaf habe, weil ich ja auch am folgenden Tag wieder weiterfahren wollte.

Ich war froh, dass die Mitternachtssonne doch noch gesehen habe. In Finnland hatte ich also doch noch Glück.

2 Gedanken zu “Mitternachtssonne und andere Sonnen

  1. Hallo Adrian, erstmal herzliche Gratulation zum ersten grossen Ziel, bravo super! Alle deine Berichte sind sehr spannend zu lesen. Ja 300 km bis Mora da waren wir auch auch östersund nur halt mit dem Womo, ich kann mir vieles vorstellen wenn ich deine Zeilen lese. Zum Nordkap 90% der Besucher haben Nebel und sehen nichts, wir waren am 7.06. 2013 dort wir hatten Sonne aber unterhalb des Felsen war ein Nebelmeer wir konnten also die Sonne und das Nebelmeer sehen. Am nächsten Tag regnete es und man sah gar nichts. Wie geht es dir im Kopf, hast du noch Platz all die Eindrücke aufzunehmen? Und deine Finger, probiers mit einer täglichen Handmassage vielleicht bringts was. Wünsche dir viel Glück und natürlich viel Energie. Liebe Grüße aus Moister vreni

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    1. Hallo Vreni

      Im Kopf geht’s gut. Ich habe ja genügend Zeit während dem Velofahren das Gesehene zu verarbeiten. Vermutlich sollte ich den Scoachy regelmässig etwas durchkneten.

      Gruss Adrian

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